Früher, in unserer Jugend! Ja, waren die Sommer noch Sommer und die Winter noch Winter. Im Sommer konnten wir wochenlang nackt herumlaufen und im Winter Schnellballschlachten veranstalten, mit dem Schlitten fahren und Schlittschuh laufen.
Jetzt? Wetterchaos, wo man hinschaut. Im Winter kein Schnee, im Sommer extreme Trockenheit oder ewiger Regen.
Lassen wir den Klimawandel mal beiseite. Wir reden hier nicht über Klima, sondern vom Wetter, das so launisch scheint wie nie zuvor.
Wirklich?
Wir haben mal die Wetteraufzeichnungen unserer Jugend angesehen, angefangen von unserem Geburtsjahr und dann ein paar Jahre weiter bis in unsere Schulzeit.
Wer hätte das gedacht! Aber schaut mal selbst!
1948
Januar
13.1. während eines schweren Unwetters stürzen in München 120 Häuserruinen ein.
15.1. zahlreiche Unwetter und Stürme in West- und Mitteleuropa, schwere Überschwemmungen. Kältewelle im Osten der USA, 132 Tote, New York ist eine Schneewüste, Verkehr bricht völlig zusammen, bis -39°.
26.1. schwerer Orkan bei Madagaskar, 300 Tote
Mai
31.5. schwere Hochwasserkatastrophe nach wochenlangen
schweren Regenfällen im Nordwesten der USA, mehrere Städte völlig überflutet, schwere Verwüstungen, Hunderte Tote, Tausende Obdachlose, über 100 Millionen $ Schäden.
August
Hitzewelle Ostküste USA, 150 Tote, New York bis 37°
12.8. schwere Überschwemmungen nach tagelangen sintflutartigen Regenfällen in Nordengland und Schottland, weite Landstriche überflutet, Brücken und Eisenbahnlinien zerstört, Ernte vernichtet, in einigen Dörfern Wasser bis zu 2 Meter hoch.
1949
Januar
5.1. Kältewelle im Süden Chinas, über 4.000 Tote durch Erfrieren, vor allem Schanghai betroffen.
März
1.3. Ein schwerer Orkan fegt über Europa, schwere Schäden überall, viele Tote, danach Kälteeinbruch mit Schneemassen, Schneeverwehungen, Kälte bis ins Mittelmeer (nach mildem Februar).
April
April extrem warm und trocken, 18.4. , Paris 32°.
Juni
9.6. heftige Regenfälle und Gewitterstürme in Westdeutschland,
Überschwemmungen in vielen Städten des Ruhrgebiets, Fernverkehr bricht zusammen, vielfach die gesamte Juni-Regenmenge in 24 Stunden.
Juli
Hitzewelle in Mittel- und Südeuropa, am Mittelmeer teilweise über 40°,
Wasserknappheit überall, Ernteausfälle, 10.7. Fußball-Endspiel: Glutspiel von Stuttgart?.
Hitzewelle auch im Osten der USA.
September
September weiterhin trocken und warm, 5.9. mit bis zu 32° heißester Septembertag seit 1849.
27.9. Nach Hitze und Dürre schwere Unwetter in Spanien, Überschwemmungen, 75 Tote.
Dezember
Dezember mild und bis in die Hochlagen ohne Schnee
1951
Januar
„Jahrhundertkatastrophe“ in den Alpen. Ungewöhnlich starke und langanhaltende Schneefälle, Lawinen, schwerste Schneekatastrophe seit mehr als 100 Jahren, über 300 Tote, viele Orte verwüstet.
Februar
12.2. heftige Buschbrände in Australien, viel Land verwüstet.
Juni
Dürre und Hungersnot in Nordbrasilien
Juli
eine der schwersten Überschwemmungskatastrophen in der Geschichte der USA im Raum Kansas, Missouri und Kansas-River nach schweren Regenfällen sehr plötzlich über die Ufer getreten, 400 000 Obdachlose, viele Tote.
August
19.8. Hurrikan über Jamaika wütet 3 Tage, eingestürzte Häuser, Millionenschäden.
Oktober
„schönster Oktober seit 31 Jahren“, München 1 mm, Berlin 3 mm Niederschlag, Berlin 226 Std. Sonnenschein.
November
Anhaltendes Regentief über Norditalien. Verheerende Unwetter, Hochwasserkatastrophe riesigen Ausmaßes. 14.11. Po-Dämme brechen auf weiter Front, ganze Städte eingeschlossen, Tausende Obdachlose, Hunderte Tote.
Dezember
Dezember sehr mild
16.12. schwere Schneestürme Mittlerer Westen/USA, über 100 Tote, bis –30°
Weihnachten nasskalt ohne Schnee.
29.12. heftige Winterstürme in Westeuropa von Irland bis Spanien, ganze Küstenregionen stehen unter Wasser, viele Schiffe in Seenot.
1954
Januar
„verrücktes Wetter verursacht Chaos“
3.1. in der BRD bis –26°.
4.1. schwere Sturmflut an der Nordseeküste, Überflutungen in
Dänemark, Deutschland, Holland und Belgien, Kiel höchster Wasserstand seit 50 Jahren.
Serie von Lawinen in den Alpen, 200 Tote, Wattenmeer vereist, Inseln nur aus der Luft zu erreichen. Kältewelle USA, New York bis –35°
Der Mittelrhein hatte eine geschlossene Packeisdecke. Filmaufnahmen aus der Zeit.
Februar
Kältewelle in Mittel und Südeuropa, Schnee in Algerien, 300 Tote, Lappland bis –35°
Juli
sehr kühl und nass
9.7. sintflutartige Regenfälle in Südostdeutschland und Bayern, Hochwasserkatastrophe, 30 Tote, 50 000 Obdachlose, betroffen ist die
Donau, alle Nebenflüsse, alle Flüsse in Sachsen, teilweise höchste Wasserstände seit 1899.
August
Sommer insgesamt sehr kühl und nass, durch das anhaltend schlechte Wetter erhebliche Ernteausfälle.
14.8. Flutkatastrophe in Ostpakistan, Tausende Tote, Ernte vernichtet.
September
26.9. schwerer Taifun über Japan, 2000 Tote.
Oktober
in der Presse wird die Frage diskutiert, ob die Atomversuche für das schlechte Wetter der letzten Zeit verantwortlich sind.
14.-16.10. Hurrikan „Hazel“ richtet in 8 US-Bundesstaaten
schwere Verwüstungen an.
26.10. Nach Dauerregen schwere Flutkatastrophe in Süditalien, 200 Tote.
November
immer wieder schwere Stürme in Nordeuropa, besonders 12.+28.11.
Heuschreckenplage nach langer Dürre in Nordwestafrika und Südspanien, auch Kanarische Inseln betroffen.
Dezember
22.12. Orkanstürme verwüsten die europäischen Küsten, Windstärke 12, 40 Tote, Deichbruch auf Texel, weite Gebiete Norddeutschlands überflutet, 4 Tote in Frankfurt/M., Dauerregen in Italien.
27.12. Dauerregen und Tauwetter führen zu Überschwemmungen in Nordwestdeutschland, Weser besonders betroffen.
1959
Januar
9.1. heftige Unwetter in Spanien, Überschwemmungen, Dammbrüche, 140 Tote.
12.1. Heftige Schneefälle in Nord-Deutschland, Behinderungen, viele Orte von der Außenwelt abgeschnitten.
22.1. Schwere Stürme und Regenfälle im Mittelwesten/USA, 300 Tote,
Notstand in Ohio.
Juli
„Jahrhundertsommer“ im nördlichen Mitteleuropa, Dürre, Trockenheit.
Sintflut-Regenfälle in den Alpen, Erdrutsche, Überflutungen, Tausende Obdachlose.
August
anhaltende Trockenheit, 15.8. bis 20.10. kein Regen in Nord-Deutschland,
Trinkwasser wird knapp, zu wenig Milch, Butter wird teurer.
13.8. sehr schwere Unwetter in Bayern und Österreich, Flüsse Pegel bis
5 m über normal, Passau unter Wasser.
September
Trinkwasser wird in Nord-Deutschland rationiert, oft nur noch per Tankwagen,
50% der Ernte verdorrt, Am Rhein ein „Jahrhundertwein“.
17.9. Sturmflut in Bombay, 1000 Tote.
Oktober
27.10. Hurrikan in Mexiko, Tausende Tote.
27.10. schwere Stürme über Nord-Deutschland, Millionenschäden.
November
Dürrekatastrophe in China, Hungersnot, Tausende Tote.
Dezember
1.-4. tagelanger Dauerregen in Südfrankreich, Überschwemmungen. milde Weihnacht, bis 10°, in Frankfurt/M. blühen Blumen, viel
Regen, Stürme an der Küste.
1970
Januar
Kälte hält an, Eisgang an Nord- und Ostseeküste, Dauerfrost bis 15°, Treibeis auf Elbe und Weser,
16.1. Schneestürme nördlich der Elbe, völliger Zusammenbruch des Verkehrs, Dörfer abgeschnitten, Schneeverwehungen, 4 Tote.
Februar
10.2. Eines der schwersten Lawinenunglücke der Geschichte in den französischen Alpen, Val d’Isere 200 Tote, Alpen schlimmster
Lawinenwinter seit 30 Jahren.
Ende Februar rasche Schneeschmelze und anhaltende Regenfälle,
schwere Überschwemmungen und Hochwasser im Süden und Westen,
Rhein und Donau tagelang betroffen.
März
weiterhin sehr schneereich, 6.3. anhaltende Schneefälle, Verkehrschaos,
29.3. fast überall weiße Ostern.
Mai
11./12.5. Wolkenbruchartige lang anhaltende Regenfälle im Südwesten,
Erdrutsche, extrem schnelle Hochwasserwelle an Saar und Mosel.
27.5. Überschwemmungskatastrophe nach Schneeschmelze und
heftigen Regenfällen in Rumänien,„schlimmste Naturkatastrophe
in der Geschichte“, über 200 Tote, 250 00 Obdachlose, weite
Landstriche überschwemmt.
August
4.8. Hochwasserkatastrophe in Ost-Pakistan.
21.8. Taifun „Anita“ verwüstet weite Teile Süd- und Westjapans,
Tausende Obdachlose.
September
11.9. Gewitter und Windhose im Raum Venedig, schwere Schäden,
über 50 Tote, viele Verletzte.
13.9. schwerer Taifun über den Philippinen.
Oktober
10.10. erneut schwerer Taifun Philippinen, Hunderte Tote.
November
13.11. Hochwasserkatastrophe in Kolumbien.
14.11. eine der schwersten Überschwemmungskatastrophen in Ost-
Pakistan, riesige Flutwellen nach Taifun, 300 000 Tote, Millionen
Obdachlose.
Resumee
Es ist halt wie es ist. Unser Langzeitgedächtnis lässt uns zuweilen im Stich. Oder besser gesagt: Wir sind schlechte Zeugen unserer eigenen Vergangenheit. Bruchstücke der Erinnerung werden verallgemeinert, schöne Erinnerungen verklärt, unangenehme verdrängt.
Und das ist gut so. Würden wir uns an alle Details unseres inzwischen langen Lebens erinnern, würden wir krank, sagen Psychologen. Auslese und Verdrängung verhindern, dass uns die Erinnerungen überfluten und in den Irrsinn treiben.
Seien wir milde im Urteil über uns und genießen wir die Gegenwart